Schwarz-Weiß-Foto von Simon Wiesenthal sitzend an seinem Schreibtisch
© Erich Lessing/Lessingimages Wien

„Die Grundlage einer Demokratie ist vor allem die Wahrheit“

Simon Wiesenthal

Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises 2023 im Parlament: Hauptpreis geht an Dialogprojekt "LIKRAT"

Neben den Gewinner:innen wurden auch Zeitzeug:innen aus sechs Ländern geehrt

Wien (PK) – Das Dialogprojekt "LIKRAT – Lass uns reden!" wurde heute Abend im Parlament mit dem Hauptpreis des Simon-Wiesenthal-Preises 2023 ausgezeichnet. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Juryvorsitzende Katharina von Schnurbein überreichten den mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis an das Dialogprojekt. Dieses bringt jüdische und nichtjüdische Jugendliche und junge Erwachsene zusammen, mit dem Ziel antisemitische und antijüdische Stereotype aufzulösen und ein pluralistisches Bewusstsein zu generieren.

Weitere Preise gehen nach Spanien und Österreich

Den Preis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus erhielt Asociación Cultural Mota de Judíos aus Spanien. Das spanische Dorf Castrillo Matajudios – was in etwa als "Festung, die Juden tötet" übersetzt werden kann – hat seinen Namen 2015 nach einem Referendum und der Zustimmung der Regionalregierung offiziell wieder in den vor 1632 benutzten Namen Castrillo Mota de Judíos (Judenhügel) geändert. Trotz diverser Anfeindungen hält das Dorf mit etwa 50 Einwohner:innen weiter an der Entscheidung fest, seinen beleidigenden Namen abzulegen und seine jüdischen Ursprünge zu ehren.

Die in Österreich beheimatete Organisation CENTROPA wurde für ihr zivilgesellschaftliches Engagement für Aufklärung über den Holocaust ausgezeichnet. Die Organisation dokumentiert die Erinnerung von Zeitzeug:innen an den Holocaust und an jüdische Lebenswelten vor dem Zweiten Weltkrieg. Sie wurde für ihre Anstrengungen geehrt, die Holocaust-Erziehung in der Ukraine auch in Zeiten des russischen Angriffskrieges fortzusetzen.

Zeitzeug:innen aus sechs Ländern geehrt

Im Rahmen der Preisverleihung wurden auch die Zeitzeug:innen Helga Feldner-Busztin, Jeno Friedman (USA), Octavian Fülöp (Rumänien), Naftali Fürst (Israel), Maria Gabrielsen (Norwegen), Viktor Klein (Österreich), Otto Nagler (Israel), Katharina Sasso (Österreich), Liese Scheiderbauer (Österreich) und Marian Turski (Polen) für ihren Beitrag zur Antisemitismus-Prävention geehrt.

Insgesamt sind dieses Jahr beim Nationalfonds knapp 200 Bewerbungen aus 30 Ländern eingegangen. Im Vorjahr ging der Simon-Wiesenthal-Preis an die israelische Initiative Zikaron BaSalon. Sie ermöglicht, dass Zeitzeug:innen und Interessierte in Wohnzimmer-Atmosphäre zusammenkommen und die Überlebenden ihre Erinnerungen an die Zeit des Holocaust teilen.

Der Simon-Wiesenthal-Preis ist dem Andenken an den Architekten, Publizisten und Schriftsteller Simon Wiesenthal (1908-2005) gewidmet. Wiesenthal hat die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus weltweit geprägt. (Schluss) adu

Gruppenfoto mit Zeitzeug:innen und Preisträger:innen (c) Parlamentsdirektion/Johannes Zinner

Einreichung

Häufig gestellte Fragen

Welches zivilgesellschaftliche Engagement kann ausgezeichnet werden?

Die möglichen Preisträger*innen haben sich – durch Projekte, Initiativen oder in anderer geeigneter Weise – gegen Antisemitismus und/oder für die Aufklärung über den Holocaust verdient gemacht, weil sie z.B.:

  • das Wissen über den Holocaust aktiv vermitteln, stärken und verbreiten;
  • das Bewusstsein in der Gesellschaft für die Gefahren des Antisemitismus in der Gegenwart stärken;
  • das Verständnis für die Funktionsweisen und Folgen des Antisemitismus schärfen und dadurch eine demokratische Alltagskultur stärken;
  • in vorbildlicher Weise Zivilcourage zeigen und damit den Wert und die Bedeutung des Engagements jedes und jeder Einzelnen unterstreichen;
  • sich für Maßnahmen einsetzen, welche Antisemitismus und Relativierungen des Holocausts in all seinen Formen entgegenwirken;
  • Verständnis und Sensibilität schaffen, wo eine kritische Haltung zum Antisemitismus besonders gefördert werden soll;
  • zur Entwicklung eines gemeinsamen Bewusstseins gegen Antisemitismus beitragen;
  • zu einer innovativen, nachhaltigen und der Aufklärung verpflichteten Gedenkkultur beitragen.

Besonders berücksichtigt werden Projekte, Initiativen und Verdienste, die neue Impulse und Akzente setzen, die besonderen Vorbildcharakter haben und geeignet erscheinen, nachhaltig für Gegenwart und Zukunft zu wirken.

Kann ich auch jemand anderen für den Preis vorschlagen?

Ja. Personen oder Personengruppen können sich selbst für den Simon-Wiesenthal-Preis bewerben (Eigenbewerbung) oder vorgeschlagen werden (Vorschlag).

Können auch Institutionen teilnehmen?

Ja. Teilnahmeberechtigt sind beispielsweise auch Organisationen der Zivilgesellschaft wie Vereine, Verbände, Stiftungen, gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung; Interessensgruppen, regionale Zusammenschlüsse wie Örtliche Vereine und Verbände, also Organisationen, die aus der Mitte und von der Basis der Gesellschaft her entstehen; Menschenrechtsorganisationen; nichtstaatliche Organisationen; Wohlfahrtseinrichtungen, Kulturorganisationen, Aus- und Weiterbildungseinrichtungen; Jugendorganisationen, Familienverbände, Studierende und Studierendengruppen, Lehrlinge und Lehrlingsgruppen sowie Jugend- und Schüler*innengruppen.

Richtet sich der Preis auch an die internationale Zivilgesellschaft?

Ja. Für den Simon-Wiesenthal-Preis können Einzelpersonen und Personengruppen aus der Zivilgesellschaft aus dem In- und Ausland, unabhängig von der Staatsbürgerschaft, vorgeschlagen werden oder sich bewerben.

Wer entscheidet über die eingereichten Bewerbungen?

Das Kuratorium entscheidet auf Grundlage des Vorschlags der Simon-Wiesenthal-Preis-Jury über die Preisträger*innen.

Die Auswertung der Bewerbungen erfolgt durch die Simon-Wiesenthal-Preis-Jury anhand der Bewerbungsunterlagen und gemäß der vom Kuratorium erlassenen Geschäftsordnung.

Die Simon-Wiesenthal-Preis-Jury wertet die Bewerbungen ausschließlich anhand der in den Bewerbungsunterlagen enthaltenen Informationen aus und unterbreitet dem Kuratorium innerhalb von vier Wochen einen begründeten schriftlichen Vorschlag für die Preisträger*innen. Der Vorschlag kann bis zu fünf Kandidat*innen sowie eine Reihung derselben enthalten.

Wie hoch ist das Preisgeld?

Der Simon-Wiesenthal-Preis ist jährlich mit insgesamt 30.000 € dotiert und wird in 2 Kategorien vergeben:

  • zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus (7.500 €)
  • zivilgesellschaftliches Engagement für die Aufklärung über den Holocaust (7.500 €)

Darüber hinaus wird ein Hauptpreis als Auszeichnung für besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und/oder für die Aufklärung über den Holocaust vergeben, der mit 15.000 € dotiert ist.

Wie bewerbe ich mich für den Simon-Wiesenthal-Preis?

Für die Bewerbungen ist das auf der Simon-Wiesenthal-Preis-Website veröffentlichte Online-Bewerbungsformular zu verwenden. Beilagen sind elektronisch hochzuladen.

In der Bewerbung sind die Gründe anzuführen, die den/die Kandidat*in als Preisträger*in geeignet erscheinen lassen und die Verdienste im Sinne der Ausschreibung darzulegen.

Auf dem Bewerbungsformular sind alle Informationen anzugeben, die der Nationalfonds benötigt, um

  • sicherzustellen, dass der/die Bewerber*in die formalen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt;
  • die Arbeit des eingereichten Engagements in Bezug auf die Zielsetzungen des Preises zu prüfen.