Der Preis

Vor dem Hintergrund des dunkelsten Kapitels in der Geschichte hat Österreich eine besondere historische Verantwortung. Teil dieser Verantwortung ist der Kampf gegen den Antisemitismus, der heute viele Gesichter hat und nicht nur von den „Rändern“ kommt, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft wahrnehmbar ist. Unsere Aufmerksamkeit antisemitischen Tendenzen gegenüber darf nicht sinken und der Einsatz dagegen darf nicht beendet werden. Genau hier setzt der Simon-Wiesenthal-Preis an: Der Preis soll an Menschen vergeben werden, die sich für besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und/oder für Aufklärung über den Holocaust einsetzen.

Der Simon-Wiesenthal-Preis ist jährlich mit 30.000 Euro dotiert, wobei 15.000 Euro auf den Hauptpreis und jeweils 7.500 Euro auf die weiteren Preise entfallen. Der Preis kann an bis zu drei Personen oder Personengruppen vergeben werden. Auch Schulprojekte und institutionalisierte Einrichtungen wie Vereine können ausgezeichnet werden.

Zuständig für die Abwicklung des Preises ist der beim Parlament eingerichtete Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, wobei das vom Nationalratspräsidenten bzw. der Nationalratspräsidentin geleitete Kuratorium auf Basis eines Vorschlags einer sechsköpfigen Jury entscheiden wird. Der Jury gehören unter anderem der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich, anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen und kulturellen Lebens im In- oder Ausland, Personen mit wissenschaftlicher Reputation auf dem Gebiet der Zeitgeschichte oder in einem anderen einschlägigen Wissenschaftszweig und Vertreter der Familie von Simon Wiesenthal an. Die Mitglieder der Simon-Wiesenthal-Preis-Jury sind jeweils auf die Dauer einer Gesetzgebungsperiode bestellt.

Entstehungsgeschichte

Simon Wiesenthal (1908-2005) hat wie kaum ein anderer die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus weltweit geprägt. Vom Tag seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen machte er es zur Lebensaufgabe, an die Opfer des Naziterrors zu erinnern. Seine Waffe war der Rechtsstaat. Wiesenthals Methode war es, die NS-Verbrecherinnen und NS-Verbrecher ausfindig zu machen und vor Gericht zu bringen. Wiesenthal war ein unbeirrbarer Mahner und Kämpfer gegen den Antisemitismus in einer Zeit, in der die Verbrechen des Nationalsozialismus vielfach verdrängt wurden. Dies verschaffte ihm international viel Anerkennung. Im Nachkriegsösterreich hingegen erlebte er politischen Widerstand und Ablehnung gegenüber seinen Bemühungen, die NS-Gewaltverbrechen aufzuklären und die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgen zu lassen.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mit Racheli Kreisberg (Enkelin von Simon Wiesenthal)
Parlamentsdirektion/Uri Ishay

Eine klare Haltung und das Eintreten gegen Antisemitismus sind heute wichtiger denn je. Die Idee einen Preis für besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und/oder für Aufklärung über den Holocaust ins Leben zu rufen, entstand im Rahmen einer Israel-Reise im Juli 2018 bei der Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka auf die Enkelin Simon Wiesenthals, Rachel Kreisberg traf. In darauffolgenden Gesprächen nahm die Idee dieses Preises immer konkretere Formen an. Dem Vorschlag diesen Preis nach Simon Wiesenthal, dessen Leben im Zeichen der Aufklärung über den Holocaust stand, zu benennen, folgte im November 2018 mit der Unterstützung der Familie Wiesenthal: „Gerade in der heutigen Zeit, in der Rassismus und Antisemitismus zunehmen, in der der Holocaust vermehrt geleugnet wird, ist der Entschluss Österreichs, einen Simon-Wiesenthal-Preis ins Leben zu rufen, von sehr großer Bedeutung“, so Paulinka Kreisberg, Tochter von Simon Wiesenthal. Der Preis sei ganz im Sinne ihres Vaters. Dieser habe immer gegen Antisemitismus und für die Erinnerung an die Opfer des Holocaust gekämpft. Simon Wiesenthal hätte es als eine große Ehre empfunden, dass der Preis seinen Namen trägt, so seine Tochter.

Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am 17. Juni 2020 von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS eingebracht und am 7. Juli 2020 im Nationalrat beschlossen. Der Grundstein für den Simon-Wiesenthal-Preis wurde so gelegt.

Durch eine Novelle des Nationalfondsgesetzes (Bundesgesetzblatt I Nr. 94/2020) wurde der Nationalfonds der Republik Österreich mit der Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises beauftragt.